Kaffeelexikon

 

Kaffeearten – Die botanische Basis

1. Arabica (Coffea arabica) – Die Königin der Kaffees

Historischer Hintergrund

Arabica-Kaffee wurde in den äthiopischen Hochländern entdeckt, wo wilde Arabica-Pflanzen bis heute gedeihen. Der Legende nach wurde Kaffee von einem Ziegenhirten namens Kaldi entdeckt, der bemerkte, dass seine Ziegen nach dem Fressen der roten Kaffeekirschen besonders energiegeladen waren. Der Anbau von Arabica breitete sich über den Jemen aus, wo der Hafen von Mokha ein wichtiges Zentrum des Kaffeetransports wurde.

Genetik und Pflanzeneigenschaften

Arabica ist eine selbstbestäubende Pflanze und genetisch komplex. Diese genetische Vielfalt ist einer der Gründe für die unterschiedlichen Geschmacksprofile, die von fruchtigen bis zu schokoladigen Noten reichen. Die Pflanze wächst bevorzugt in Höhenlagen zwischen 800 und 2200 Metern, wo kühleres Klima und nächtliche Temperaturschwankungen die Aromen intensivieren.

Wichtige Fakten

Klimawandel: Arabica ist empfindlich gegenüber Temperaturschwankungen, was den Anbau in niedrigen Lagen zunehmend schwierig macht.

Schädlinge: Die Kaffeekirschenbohrfliege und der Kaffeerost sind große Bedrohungen für Arabica-Plantagen.

Erträge: Arabica hat niedrigere Erträge als Robusta, was ihn teurer macht.

Die Kaffeekirschenbohrfliege und der Kaffeerost sind große Bedrohungen für Arabica-Plantagen.

Herausforderungen im Anbau

Botanik: Arabica ist genetisch komplexer als Robusta und enthält 44 Chromosomen (Robusta hat nur 22).

Anbauhöhe: Kaffee aus höheren Lagen gilt als hochwertiger, da die Bohnen langsamer reifen und komplexere Aromen entwickeln.

Typische Aromen: Blumig, fruchtig, süßlich bis schokoladig.

Berühmte Arabica-Varietäten

Geisha (Gesha): Ursprünglich aus Äthiopien, in Panama bekannt geworden, mit intensiven floralen und tropischen Noten.

SL28/SL34: Entwickelt in Kenia, bekannt für ihre lebendige Säure und fruchtigen Aromen.

Pacamara: Eine Kreuzung aus Pacas und Maragogype, oft komplex und süß.

Typica:  Die Urform des Arabica-Kaffees, bekannt für seine Balance und Klarheit.

Bourbon: Eine Mutation mit süßeren und komplexeren Aromen.

2. Robusta (Coffea canephora) – Der Kräftige

Historischer Hintergrund

Robusta wurde später entdeckt als Arabica und erst im 19. Jahrhundert in Uganda und Westafrika systematisch angebaut. Aufgrund seiner hohen Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge wurde Robusta schnell zu einer wirtschaftlich wichtigen Art, insbesondere für Massenproduktion und Instantkaffee.

Eigenschaften der Pflanze

Robusta wächst in niedrigeren Höhenlagen zwischen 0 und 800 Metern und gedeiht in tropischen Klimazonen mit hoher Luftfeuchtigkeit. Die Pflanze hat kleinere, rundere Bohnen und eine dickere Schale, was sie widerstandsfähiger macht.

Geschmackliche Besonderheiten

Robusta wird oft als „kräftiger“ oder „bitterer“ beschrieben, hat aber in hochwertiger Verarbeitung (z. B. aus Indien oder Uganda) auch schokoladige und nussige Noten. Seine hohe Viskosität macht ihn ideal für Espresso-Mischungen, da er eine dichte Crema liefert.

3. Liberica (Coffea liberica) – Die Seltene

Historischer Hintergrund

Liberica wurde erstmals in Liberia entdeckt, woher auch der Name stammt. Sie wurde während der globalen Kaffee-Krise im 19. Jahrhundert bekannt, als Kaffeerost große Teile der Arabica-Plantagen zerstörte. Heute wird Liberica nur in wenigen Ländern kultiviert.

Besonderheiten der Bohne

Die Bohnen von Liberica sind deutlich größer und oft asymmetrisch. Ihre dickere Schale macht die Verarbeitung aufwendiger, aber sie bietet ein unverwechselbares Aromaprofil.

Geschmackliche Besonderheiten

Liberica wird oft als polarisiert beschrieben: Manche lieben ihre rauchigen und holzigen Noten, während andere sie als zu „wild“ empfinden. Sie bietet jedoch ein tiefes, fruchtiges Profil, das an Jackfrucht erinnern kann.

4. Excelsa (Coffea excelsa) – Der Exotische

Herkunft und Bedeutung

Excelsa wird hauptsächlich in Südostasien angebaut und ist eine Unterart von Liberica. Sie macht weniger als 1 % der weltweiten Kaffeeproduktion aus und ist daher extrem selten.

Geschmack

Excelsa bietet ein außergewöhnlich komplexes Profil mit fruchtigen, sauren und leicht herben Noten. Sie wird oft in Mischungen verwendet, um Tiefe und Komplexität zu schaffen.

Anwendungsgebiete

Excelsa wird selten pur angeboten, ist jedoch ein Geheimtipp für Baristas, die nach außergewöhnlichen Aromen suchen.

Von der Kirsche zur Bohne

Aufbereitungsarten

Die Art und Weise, wie die Kaffeekirsche nach der Ernte verarbeitet wird, ist entscheidend für den Geschmack des fertigen Kaffees. Jede Aufbereitungsmethode beeinflusst das Aroma, die Säure, die Süße und den Körper des Kaffees auf einzigartige Weise. Hier sind die wichtigsten Methoden – ausführlich erklärt, mit Details zu den chemischen Prozessen, regionalen Unterschieden und modernen Entwicklungen.

1. Trockene Aufbereitung (Natural Process)

Hintergrund und Ursprung

Die trockene Aufbereitung ist die älteste Methode der Kaffeeverarbeitung und stammt aus Regionen mit wenig Wasser, wie Äthiopien und dem Jemen. Sie wird auch „Natural Process“ genannt, da die Bohnen im Fruchtfleisch der Kaffeekirsche trocknen.

Der Prozess im Detail

  1. 1. Ernte: Reife Kirschen werden handgepflückt (idealerweise nur die roten, vollreifen Früchte).
  2. 2. Sortierung: Die Kirschen werden in Wasserbädern sortiert. Schwimmende (unreife oder beschädigte) Kirschen werden aussortiert.
  3. 3. Trocknung: Die Kirschen werden auf Trockentischen, Betonplatten oder Böden ausgebreitet. Sie müssen regelmäßig gewendet werden, um eine gleichmäßige Trocknung zu gewährleisten und Schimmelbildung zu vermeiden.
  4. 4. Entfernung des Fruchtfleisches: Nach dem Trocknen wird das Fruchtfleisch mechanisch entfernt, um die Bohnen freizulegen.

Chemische Prozesse

Während des Trocknens interagieren die Zucker und Enzyme im Fruchtfleisch mit der Bohne. Dies führt zu einer stärkeren Süße und fruchtigen Noten.

Geschmack

  •  Profil: Fruchtig, süß, oft mit Noten von Beeren, Tropenfrüchten oder fermentierten Aromen.
  • Textur: Voller Körper, weiche Säure.

Hauptregionen

  • Äthiopien: Vor allem in der Region Sidamo für ihre fruchtigen und floralen Kaffees bekannt.
  • Brasilien: Nutzt die Methode für massenproduzierte, körperreiche Kaffees.

Herausforderungen

Gleichmäßige Trocknung ist essenziell. Schimmel oder unkontrollierte Fermentation kann zu unangenehmen „Overfermented“-Noten führen.

2. Nasse Aufbereitung (Washed Process)

Hintergrund und Ursprung

Die nasse Aufbereitung wurde entwickelt, um die Klarheit und Komplexität der Aromen zu betonen. Sie ist besonders in Regionen beliebt, die Zugang zu reichlich Wasser haben, wie Zentralamerika und Ostafrika.

Der Prozess im Detail

  1. 1. Entfernung des Fruchtfleisches: Die Kirschen werden durch eine „Pulper“-Maschine geleitet, die das Fruchtfleisch entfernt und die Bohnen mit einer dünnen Schleimschicht (Mucilage) zurücklässt.
  2. 2. Fermentation: Die Bohnen werden in Wasserbehältern fermentiert, um die Mucilage abzubauen. Dieser Schritt dauert 12–72 Stunden, je nach Temperatur und gewünschtem Ergebnis.
  3. 3. Waschen: Nach der Fermentation werden die Bohnen gründlich gewaschen, um alle Schleimreste zu entfernen.
  4. 4. Trocknung: Die Bohnen werden auf Tischen oder Böden getrocknet, bis sie die ideale Feuchtigkeit (10–12 %) erreichen.

Chemische Prozesse

Während der Fermentation bauen Mikroorganismen (Hefen und Bakterien) die Zucker und Pektine in der Mucilage ab. Dies sorgt für eine klare und lebendige Säure.

Geschmack

  • Profil: Klar, sauber, komplex mit ausgeprägter Säure.
  • Textur: Mittlerer bis leichter Körper.

Hauptregionen

  • Kolumbien: Produziert saubere, balancierte Kaffees mit Noten von Zitrusfrüchten und Karamell.
  • Kenia: Bekannt für kräftige Kaffees mit lebendiger Säure und fruchtigen Noten.

Herausforderungen

Der hohe Wasserverbrauch macht diese Methode in wasserarmen Regionen weniger nachhaltig.

3. Honey Process (Halbgewaschene Methode)

Hintergrund und Ursprung

Der Honey Process wurde in Costa Rica entwickelt und ist eine Mischung aus der trockenen und der nassen Aufbereitung. Der Name kommt von der klebrigen Textur der Bohnen während der Verarbeitung – es wird kein Honig verwendet.

Der Prozess im Detail

  1. 1. Teilweise Entfernung des Fruchtfleisches: Ein Teil des Fruchtfleisches bleibt auf der Bohne.
  2. 2. Trocknung: Die Bohnen werden wie bei der trockenen Methode auf Tischen oder Böden getrocknet. Je nach Menge der verbliebenen Mucilage unterscheidet man:
  • Yellow Honey: Wenig Fruchtfleisch bleibt, was zu einem klareren Geschmack führt.
  • Red Honey: Mittlere Menge an Fruchtfleisch für mehr Süße und Körper.
  • Black Honey: Viel Fruchtfleisch bleibt, was eine intensivere Süße und dunklere Noten erzeugt.

Chemische Prozesse

Die verbleibenden Zucker und Pektine im Fruchtfleisch fermentieren während des Trocknens, was zu süßeren und komplexeren Aromen führt.

Geschmack

  • Profil: Süß, balanciert, oft mit Noten von Honig, Karamell oder roten Früchten.
  • Textur: Mittlerer bis voller Körper, weniger Säure als bei gewaschenem Kaffee.

Hauptregionen

  • Costa Rica: Besonders für ihre hochwertigen Honey-Kaffees bekannt.
  • El Salvador: Produziert fruchtige und süße Varianten.

Herausforderungen

Erfordert ständige Überwachung, um Schimmelbildung zu vermeiden.

4. Fermentationsmethoden – Die moderne Wissenschaft

Die Fermentation ist bei jeder Aufbereitungsmethode ein entscheidender Schritt, doch moderne Techniken bringen diese Tradition auf ein neues Niveau.

Anaerobe Fermentation

Ablauf: Die Bohnen werden in luftdicht verschlossenen Tanks fermentiert, wodurch spezifische Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien dominieren.

Geschmack: Würzig, komplex, mit Noten von Zimt, Nelken oder Tropenfrüchten.

Anwendung: Beliebt bei Specialty-Coffees, insbesondere in Mittelamerika.

Carbonic Maceration

Ablauf: Die Kirschen werden unter Kohlendioxid in Tanks fermentiert. Der CO-Druck fördert die Zellzerstörung und extrahiert einzigartige Aromen.

Geschmack: Tropisch, fruchtig und klar, oft mit Noten von Ananas oder Erdbeeren.

Experimentelle Fermentation

Moderne Produzenten experimentieren mit Hefen, Bakterien und sogar Fruchtzusätzen, um den Geschmack zu beeinflussen:

Hefekontrolle: Hinzufügen spezifischer Hefen (z. B. Saccharomyces cerevisiae) für süße und fruchtige Aromen.

Zusätze: Manchmal werden Fruchtschalen oder Pürees hinzugefügt, um den Kaffee mit exotischen Noten zu bereichern.

Die Kunst der Veredelung

Kaffeerösten

Das Rösten ist einer der entscheidendsten Schritte in der Kaffeeverarbeitung. Erst durch die Hitze entfalten die Kaffeebohnen ihr volles Aroma und ihre Vielseitigkeit.

Hier verschmelzen Wissenschaft und Handwerk zu einer Kunstform. Das Ergebnis? Eine Vielfalt an Geschmacksprofilen, die von mild-fruchtig bis dunkel-schokoladig reichen. Dieses Kapitel erklärt die Grundlagen des Kaffeeröstens, die verschiedenen Röstgrade und deren Einfluss auf den Geschmack.

Was passiert beim Rösten?

Während des Röstens durchläuft die Bohne mehrere chemische Prozesse, die ihr Geschmack, Aroma und Textur verleihen:

  1. Trocknungsphase (bis 150 °C): Die Bohnen verlieren Feuchtigkeit (10–12 %) und verfärben sich gelblich. Der Wasseranteil sinkt rapide, und die Zellstruktur beginnt sich zu verändern.
  2. Maillard-Reaktion (150–190 °C): Zucker und Aminosäuren reagieren miteinander und bilden hunderte von Aromastoffen. Diese Phase ist entscheidend für die Entwicklung von Karamell-, Nuss- und Röstaromen.
  3. Erster Crack (ca. 195–205 °C): Durch den Dampfdruck im Inneren der Bohne platzt die Zellwand hörbar auf. Dies ist das Zeichen, dass die Bohne beginnt, trinkfertig zu werden.
  4. Zweite Crack (ca. 220–230 °C): Die Bohne wird dunkler, und die Aromen verändern sich von süßlich-fruchtig hin zu schokoladig und rauchig.

Röstgrade und ihre Eigenschaften

1. Helle Röstung (Light Roast)

  • Farbe: Hellbraun, keine Öle an der Oberfläche.
  • Aromen: Fruchtig, floral, mit hoher Säure und klaren Geschmacksnoten.
  • Typisch für: Filterkaffee und Specialty Coffees, da der Ursprungsgeschmack der Bohne im Vordergrund steht.
  • Beispiele: Zitrusnoten aus Äthiopien, tropische Fruchtnoten aus Panama.

2. Mittlere Röstung (Medium Roast)

Farbe: Mittelbraun, wenig bis keine Öle.

Aromen: Ausgewogen, mit einer leichten Süße, reduzierter Säure und einem runden Körper.

Typisch für: Universell einsetzbar – von Filterkaffee bis Espresso.

Beispiele: Nussige und schokoladige Noten aus Kolumbien oder Brasilien.

3. Dunkle Röstung (Dark Roast)

Farbe: Dunkelbraun bis fast schwarz, oft ölige Oberfläche.

Aromen: Intensiv, rauchig, mit schokoladigen und würzigen Noten. Die ursprünglichen Bohnenaromen treten in den Hintergrund.

Typisch für: Klassische italienische Espressoröstungen und kräftige Blends.

Beispiele: Robusta-dominierte Kaffees mit geringer Säure und starkem Körper.

Warum ist das Rösten wichtig?

Das Rösten entscheidet darüber, wie die Aromen der Bohne interpretiert werden. Eine hochwertige Bohne kann durch eine ungenaue Röstung zerstört werden, während eine präzise Röstung minderwertigen Kaffee aufwerten kann.

Einfluss auf den Geschmack:

Helle Röstung: Betont die Herkunft und die natürlichen Aromen der Bohne.

Mittlere Röstung: Schafft Balance zwischen Säure, Süße und Röstaromen.

Dunkle Röstung: Fokus auf kräftige, karamellisierte und schokoladige Noten.

Einfluss auf den Körper:

  • Helle Röstungen haben einen leichteren Körper.
  • Dunkle Röstungen erzeugen einen schweren, samtigen Körper.